Unternehmensgeschichte
1721 gründeten die Vettern Mose Doertenbach und Johann Georg Zahn die Calwer Gesellschaft Doertenbach & Co. Ein Sohn von Mose Doertenbach, Christoph Mose Doertenbach, gründete 1750 zusammen mit Christian Gottlieb Koch aus Sachsen in Stuttgart eine Handlung für Eisen, Spezereiwaren und Metalle. Als Koch 1770 aus dem Geschäft austrat, ging das Geschäft unter dem Namen Zahn & Comp. in das alleinige Eigentum des Hauses Doertenbach & Co. in Calw über, in dessen Abhängigkeit das Geschäft bis 1816 blieb. Dann übernahmen Johann Friedrich Doertenbach, Eberhard Heinrich Georgii und Friedrich Schauber selbstständig die Firma Zahn & Compagnie. Dabei wurde das Schwergewicht auf den Metallhandel gelegt. 1817 erwarb sie in Liebenfeld einen Kupferhammer, der bis 1861 in Betrieb war, und pachtete den Kupferhammer in Stuttgart-Berg. 1853 gliederte Zahn & Compagnie die Stuttgarter Firma Kirchhofer mit ihrem Metallwarenhandel an. 1880 wurde in Zuffenhausen ein Lagerhaus mit Gleisanschluss für Grobeisen gebaut.
Ebenfalls 1816 gründete Johann Friedrich Nopper in Stuttgart die Eisenhandlung Friedrich Nopper. Diese verschmolz 1900 mit Zahn & Comp. zur Firma Vereinigte Eisenhandlungen Zahn & Cie. und Friedrich Nopper, die am 2.4.1900 ins Handelsregister eingetragen wurde. 1944 wurden das Lager in Zuffenhausen und die Gebäude in der Stiftstraße zerstört. Es folgte der Wiederaufbau und Ausbau des Geschäftshauses Tübinger Straße. 1960 trat die Eisenhandelsgesellschaft Gebr. Röchling, Ludwigshafen, in die Gemeinschaft der Gesellschafter ein. 1973 wurde die GmbH in eine KG umgewandelt. Der Großhandel wurde 1985 liquidiert, der Einzel- und Stahlhandel bis 1988 von anderen Firmen übernommen.
Einen Überblick über die Geschichte des Unternehmens bieten neben der unten genannten Literatur die Denkschrift von Rheinwald (Bü 20) und der Festvortrag von Decker-Hauff (Bü 25).
Bestandsgeschichte
Archivalien der Firma wurden dem Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg im August 1988 und April 1989 mit einer Nachlieferung im August 1991 von Herrn Schank, Zahn & Nopper i. L., und Herrn Dr. Manfred Nopper in gutem Zustand übergeben. Sie umfassen einen Zeitraum von nahezu 300 Jahren. Schwerpunkte bilden Bauunterlagen, Musterbücher und Preislisten.
Drei Fotoalben wurden dem WABW 2020 aus dem Nachlass des Fotografen Eugen Brenner übergeben.
Inhaltliche Schwerpunkte des Bestands
Besonders hervorzuheben sind die Geschäftsbücher aus den Jahren 1756-1763, 1808-1830, 1857-1862. Die Geschichte der Stuttgarter Handlungskompanie Zahn ist einerseits eng mit der Lokalgeschichte und der Entwicklung des städtischen Raums verbunden. Andererseits greift das bereits im 18. Jahrhundert aufgebaute Versorgungsnetz über die örtlichen Grenzen weit hinaus. Zahn steht nach den Eintragungen der Geschäftsbücher mit den Umschlagplätzen des Fernhandels wie London, Antwerpen, Amsterdam und Lyon in Verbindung. Dem steht der Warenverkehr auf der Nah- und Mittelstrecke zur Seite. Genannt werden Handelshäuser und Kommissionäre in Hamburg, Köln, Frankfurt a. M., Straßburg und Wien. Regional besteht intensiver Landhandel sowohl auf dem Gebiet Alt-Württembergs als auch Vorderösterreichs. Gehandelt wird in jenen Zeiten vornehmlich mit Waren des gehobenen Bedarfs. Die Buchungseinträge reichen von Gewürzen wie Kardamom und Pfeffer über Kandis, Kaffee und Reis zu Kanaster und Schnupftabak. Farbgrundstoffe wie Bleiweiß, Berliner Blau, Aurum Pigmentum, roter Bolus sowie Blauholz werden eingeführt. Neben dem Kupferhandel - ein bedeutender Teil des Journalbuchs von 1816 ist ihm vorbehalten - verläuft parallel zum Warengeschäft das eigenständige Kreditgeschäft.
Ein zweiter bemerkenswerter Vorgang, ein fast über hundert Jahre währender Brunnenstreit, ist mit dem späteren Handlungsgebäude in der Stiftstraße Nr. 10 verknüpft. Dem Gebäude lassen sich außerdem die ältesten Kaufurkunden im Bestand zuordnen. Ein Dekret von 1707 begründet die Wasserversorgung als Eigentumsrecht. Vor dem Hintergrund städtischer Wasserknappheit blieb der Schutz dieses Privatrechts bis zum Anschluss an die städtische Wasserleitung unzureichend. In ständiger Konkurrenz mit dem Wasserbedarf des Hofs war die Wasserversorgung des Gebäudes stets gefährdet. Die Auseinandersetzungen kulminierten, als Johann Friedrich Groß, Eigentümer des Gebäudes und selbst hoher Hofbeamter, Brunnenstube und Zuleitung eigenmächtig öffnete.
Ein dritter Themenbereich gewährt Einblicke in die Marktverhältnisse. Mitte des 19. Jahrhunderts schließen sich die führenden örtlichen Eisenhändler zu einem Preiskartell zusammen. Die Korrespondenz liegt als Zirkular vor und verhilft zu Einsichten in die Preisgestaltung bei weitgehend standardisierten Hüttenprodukten. Selbst monopolistischer Konkurrenz ausgesetzt, kündigten die Hüttenwerke des Saarreviers Trippstadt und Dillingen ihren Abnehmern häufig mehrmals im Jahr Preisänderungen an. Der Zwang zur raschen Preisanpassung, der von den Hüttenwerken ausging, verstärkte sich in solchen Marktphasen, zumal der Grad der Marktvollkommenheit auf den Wiederverkaufsmärkten stetig zunahm. Um den Unwägbarkeiten der beiden Marktseiten entgegen zu wirken, operierte das Kartell mit dem Instrument der Preisklassen, eine Form räumlicher Preisdifferenzierung, die das von der Konvention beherrschte Absatzgebiet markierte.
Erschließung
Der Bestand B 53 umfasst 6 lfm Schriftgut, Fotos/Bilder und Objekte in 1243 Verzeichnungseinheiten (VE). Schriftgut in 778 VE: Bü 1 - Bü 775 Zeichnungen und Urkunden in 15 VE: Bü 1157 (P) - Bü 1171 (P) Pläne in in 40 VE: Bü 1201 (P 1510) - Bü 1240 (P 1549) Fotos in 381 VE: Bü 776 (F 14001 - F 14007) - Bü 1154 (F 14620) Objekte in 29 VE: Bü 1172 (M 100) - Bü 1200 (Sch 10)
Der bis 1991 übernommene Teil wurde 1989-1991 von Bernd Körner verzeichnet. Ein Repertorium wurde 1991 gedruckt. Bei der Migration in eine neue Software 2021 wurden Verzeichnungsdaten formal angepasst und aus technischen Gründen z.T. mit virtuellen Bü-Signaturen erfasst. Die Bestellsignatur z.B. für "Bü 776 (F 14001 - F 14007)" ist: F 14001 - F 14007.
Die 2020 übernommenen Fotoalben wurden als Bü 1154 (F 14618) - Bü 1156 (F 14620) verzeichnet.
Benutzung
Signaturen sind immer nachzuweisen als: Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg (WABW), Stuttgart, Bestand: B 53 Bü 1 usw.
Es gelten die Sperrfristen nach dem Landesarchivgesetz Baden-Württemberg. Archivalien, die diesen Fristen unterliegen, können ggflls. trotz technischer Bestellbarkeit nicht vorgelegt werden.
Wirtschaftsarchiv Baden-Württemberg, Stuttgart-Hohenheim, im August 2023
Literatur
Zum zweihundertjährigen Bestehen des Bankhauses Doertenbach & Cie GmbH in Stuttgart, 1921 (Festschrift). Friedrich Nopper, Zahn-Nopper: 1721 Zahn & Comp, 1816 Friedrich Nopper, 1900 Zahn-Nopper, [Stuttgart 1966] (Festschrift). Zahn-Nopper, 250 Jahre seit 1721, [Stuttgart 1971] (Festschrift). Doertenbach & Co., Frankfurt am Main [2000] (Festschrift). |